Ach, die glorreiche Welt des Fernsehens! Ein Klick durch die Senderlandschaft offenbart ein fast schon surreales Bild der Gastronomie. Auf den großen Privatsendern regiert der Schickimicki-Anspruch: Perfekt angerichtete Teller, die eher Kunstwerke als Mahlzeiten sind, Köche, die mit Pinzetten an Kräutern zupfen, und Zutaten, deren Namen man kaum aussprechen kann. Hier wird eine Welt zelebriert, in der Hummer im Champagnerbad badet und der Preis für eine Vorspeise dem Monatsbudget eines Kleinverdieners entspricht. Es ist die Dekadenz der Perfektion, fernab jeder Alltagstauglichkeit für den Normalsterblichen.
Doch wechseln wir den Kanal zu den Dritten Programmen, erleben wir eine fast noch bizarrere Szene. Hier wird die „Heimat“ verklärt: Der Koch im Karohemd, der seit 40 Jahren die gleiche Soljanka oder den gleichen Zwiebelrostbraten zubereitet. Man preist die „gutbürgerliche“ Küche, die „altbekannten Klassiker“ und suggeriert eine unverfälschte Authentizität, die scheinbar die Zeit angehalten hat. Besonders im Osten Deutschlands wird diese Nostalgie zelebriert, alte Gerichte werden hochgelobt und – scheinbar – auch vom Publikum mit Sehnsucht goutiert.
Das perfide Spiel mit dem Preis: Der Gastronom als Verlierer
Und genau hier liegt der perfide Haken, den die Medien gerne verschweigen. Das Problem ist nicht die Nostalgie an sich, sondern die Preis-Erwartung, die sie beim Publikum schürt. Wenn im Fernsehen ein „authentischer“ und „traditioneller“ Gasthof gezeigt wird, der einen Klassiker für scheinbar kleines Geld anbietet, festigt sich im Kopf des Zuschauers ein Bild: Heimatküche muss günstig sein.
Der Gast kommt dann mit der Erwartung ins Restaurant, dass er seinen Schweinebraten mit Klößen und Rotkohl zum Preis von 1989 bekommt, vielleicht mit einem kleinen Inflationsausgleich. Schließlich „geht es doch noch günstig“, wie das Fernsehen suggerierte! Und für die Medien ist das eine tolle Story: „Seht her, in diesem charmanten Landgasthof gibt es noch echte Klassiker zum fairen Preis!“
Das ist aber Blödsinn! Dieser narrative Rahmen macht den Gastronom zum ultimativen Verlierer.
Die nackte Realität: Hohe Kosten, egal wie „Heimat“ es riecht
Die Kosten für eine vollwertige, frisch zubereitete Mahlzeit in einem Restaurant stehen heute in keinem Verhältnis mehr zu dem, was das Publikum oft bereit ist zu zahlen, wenn es um „Heimatküche“ geht.
- Personalkosten: Ob Schickimicki-Restaurant oder Landgasthof – der Mindestlohn, Sozialabgaben, Fachkräftemangel und die Suche nach Personal treiben die Kosten in die Höhe. Der Kellner, der Ihnen den handgemachten Rostbraten serviert, verdient heute deutlich mehr als sein Kollege vor 30 Jahren.
- Warenkosten: Mehl, Fleisch, Kartoffeln, Gemüse – die Preise für Lebensmittel sind explodiert. Ob Bio-Hummer oder regionale Kartoffel: Die Grundkosten für hochwertige Zutaten sind gestiegen.
- Betriebskosten: Miete, Strom, Gas, Wasser, Versicherungen, Hygienevorschriften, GEMA-Gebühren – die Liste ist lang und wird stetig länger. Ein Gastronom muss sein Lokal beleuchten und heizen, die Spülmaschine laufen lassen und die Auflagen erfüllen, egal ob er ein 5-Sterne-Menü oder eine einfache Gulaschsuppe anbietet.
- Investitionen und Instandhaltung: Die Küche muss funktionieren, das Geschirr muss sauber sein, die Ausstattung muss in Schuss gehalten werden.
Der Vergleich mit Fastfood: Eine bittere Pille
Gerne wird dann der Vergleich mit den großen Fast-Food-Ketten gezogen. „Dort ist es doch auch günstig!“ mag man einwenden. Aber dieser Vergleich ist so schief wie ein schiefer Turm von Pisa, der noch einen draufgesetzt hat.
Was bekomme ich für 8 Euro bei einer Fast-Food-Kette? Ein aufgewärmtes Pattie aus industrieller Fertigung, Pommes aus der Tiefkühltruhe, alles in Minuten serviert, oft von ungelerntem Personal, in einem Umfeld, das auf maximale Effizienz und minimale Personalkosten getrimmt ist. Das ist ein industrielles Produkt, das Massenware mit minimalem Aufwand produziert. Die Qualität des Fleisches, die frische Zubereitung, der Service am Tisch, das Ambiente – all das ist nicht vergleichbar.
Ein traditioneller Gastronom hingegen kauft frische Zutaten, beschäftigt ausgebildete Köche und Servicepersonal, muss sich um Lagerung, Qualitätssicherung und eine liebevolle Atmosphäre kümmern. Er schafft ein Erlebnis und ein handwerklich zubereitetes Produkt.
Die Kosten für einen echten, handgemachten Klassiker – sei es der Zwiebelrostbraten oder die Soljanka – stehen preislich in keinem Verhältnis zu einem industriell gefertigten Fast-Food-Burger. Die Medien verkaufen uns das Bild, dass Tradition und Qualität günstig sein können, um eine gute Story zu haben. Doch die Zeche zahlt der Gastronom, der sich zwischen finanzieller Ruin und dem Verlust seines „authentischen“ Images entscheiden muss.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Wer ehrliche, handgemachte Gastronomie schätzt, muss auch bereit sein, ihren wahren Wert zu honorieren. Das Fernsehen mag Träume verkaufen, aber die Realität in der Gastronomie ist eine andere – und oft eine, die jeden „Prinzessinnen-Anspruch“ schnell in Rauch aufgehen lässt.
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