Die aktuelle Debatte um steigende Preise in der Gastronomie beherrscht die Medienlandschaft und sorgt für lebhafte Diskussionen unter Konsumenten. Nahezu täglich erscheinen Berichte, die vermeintliche Kostenexplosionen in der „einfachen Gastronomie“ anprangern. Doch bei genauerer Betrachtung offenbart sich ein selektives Narrativ, das weniger auf einer umfassenden Analyse als vielmehr auf der gezielten Mobilisierung der Massen basiert. Es drängt sich die Frage auf, warum ausgerechnet der traditionelle Imbiss oder das gutbürgerliche Gasthaus zum primären Sündenbock stilisiert wird, während andere Segmente des kulinarischen Marktes merkwürdig außer Acht gelassen werden.
Die pauschale Schuldzuweisung an die Gastronomie ignoriert eine grundlegende ökonomische Realität: Auch die Gastronomie muss steigende Kosten abdecken. Diese Kosten sind vielschichtig und betreffen die gesamte Wertschöpfungskette. Von den Rohwarenpreisen, die globalen Schwankungen und Lieferkettenproblemen unterliegen, über die Energiekosten, die in den letzten Jahren teils exponentiell gestiegen sind, bis hin zu den Personalkosten, die durch gesetzliche Mindestlöhne und den allgemeinen Fachkräftemangel nicht unerheblich beeinflusst werden. Die Logik eines jeden Wirtschaftsbetriebs diktiert, dass diese externen Faktoren in die Preisgestaltung einfließen müssen, um die eigene Existenz und die Qualität des Angebots zu sichern.
Interessanterweise konzentriert sich die mediale Berichterstattung auffällig oft auf jene Bereiche der Gastronomie, die den breiten Volksmassen zugänglich sind. Das Bild der „teuren Currywurst“ oder des „unerschwinglichen Schnitzels“ dient als wirkmächtiger Trigger. Es appelliert an ein allgemeines Gerechtigkeitsempfinden und bedient die kollektive Erinnerung an vermeintlich günstigere Zeiten. Diese Simplifizierung der komplexen ökonomischen Zusammenhänge ist effektiv, weil sie eine leicht verständliche Erzählung bietet, die emotional aufgeladen ist.
Was jedoch in dieser fokussierten Darstellung erstaunlicherweise fehlt, ist eine vergleichbare kritische Auseinandersetzung mit dem hochpreisigen Segment der Gastronomie. Von den sogenannten „Schickimicki-Restaurants“, deren Gerichte schon vor der jüngsten Teuerungswelle Preise aufgerufen haben, die weit jenseits der Kaufkraft des Durchschnittsbürgers liegen, ist kaum die Rede. Hier scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu gelten: Wer sich den Luxus leisten kann, überteuerte Trüffelgerichte oder winzige Portionen zu astronomischen Preisen zu konsumieren, akzeptiert dies stillschweigend als Teil des Erlebnisses. Der Aufschrei bleibt aus.
Dieses Ungleichgewicht in der Berichterstattung legt den Schluss nahe, dass es sich hierbei nicht primär um eine objektive Analyse der Preisentwicklung handelt. Vielmehr scheint es, dass die „einfache Gastronomie“ als bequemes Sprachrohr dient, um eine breitere Frustration über allgemeine Teuerungstendenzen in der Gesellschaft zu kanalisieren. Es ist ein Phänomen, das sich in vielen Bereichen beobachten lässt: Das Alltägliche, das für jeden greifbar und vergleichbar ist, wird zum Symbol für größere Missstände.
Die Gastronomie, insbesondere der traditionelle und der Imbissbereich, gerät so unverschuldet in den Fokus einer Debatte, deren Ursachen tiefgreifender und vielschichtiger sind. Die Betriebe kämpfen nicht nur mit gestiegenen Kosten, sondern auch mit einem medial geschürten Misstrauen, das die Wertschätzung für ihre Arbeit und ihre Existenzgrundlage untergräbt. Es ist an der Zeit, das Narrativ zu hinterfragen und anzuerkennen, dass Preisentwicklungen komplex sind und eine differenzierte Betrachtung verdienen, jenseits populistischer Schlagzeilen.
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