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Der meistgeschriebene Satz der Bürowelt: Eine Ode an das „Bei Rückfragen…“ und seine traurigen Brüder

Liebe Leidensgenossen im Bürodschungel,

lasst uns einen Moment innehalten und uns einer Frage von geradezu metaphysischer Tiefe widmen: Wie oft, in all den Jahren des E-Mail-Tippens, des Briefe-Formulierens und des Protokolle-Verfassens, haben wir eigentlich schon diesen einen, diesen allgegenwärtigen Satz in die Tasten gehämmert? Ihr wisst, welchen ich meine. Er lauert am Ende fast jeder geschäftlichen Korrespondenz, unaufdringlich wie ein schlecht gelaunter Bürogeist: „Bei Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.“

Man stelle sich vor, es gäbe eine Art digitalen Zähler, der heimlich im Hintergrund all unsere „Bei Rückfragen…“ akribisch protokolliert. Die Zahl wäre astronomisch! Sie würde wahrscheinlich die Anzahl der versendeten internen Memos über die korrekte Nutzung des Firmenkaffeevollautomaten um ein Vielfaches übersteigen. Sie wäre höher als die Summe aller „VG“s (Viele Grüße) und „MfG“s (Mit freundlichen Grüßen) unseres digitalen Lebens.

Dieser Satz ist ein Büroklassiker, ein Evergreen der Geschäftskorrespondenz. Er ist so fest in unserem beruflichen Vokabular verankert, dass er fast schon reflexartig aus unseren Fingern flutscht, oft ohne dass unser Gehirn überhaupt noch aktiv daran beteiligt ist. Er ist das digitale Äquivalent des Nicken des Personalchefs beim Vorstellungsgespräch – man weiß nie genau, was es bedeutet, aber es gehört irgendwie dazu.

Die stille Ironie des „gern“:

Besonders amüsant wird die Sache, wenn man über das kleine Wörtchen „gern“ nachdenkt. Stehen wir wirklich gern zur Verfügung? Oder ist es eher eine professionelle Notwendigkeit, eine Art standardmäßige Service-Floskel, die signalisiert: „Wir haben unsere Pflicht getan, hier ist unsere Antwort. Wenn du jetzt noch Fragen hast, dann bitte kurz und schmerzlos, denn ich habe noch 73 ungelesene E-Mails im Posteingang.“

Manchmal, tief in der Nacht, wenn die Bürolichter flackern und die Tastaturen verstummt sind, stelle ich mir vor, wie all die „Bei Rückfragen…“-Geister durch die digitalen Weiten schweben, ein endloser Chor der Bereitschaft, die in den seltensten Fällen wirklich enthusiastisch ist.

Die Brüder und Schwestern des „Bei Rückfragen…“:

Dieser Klassiker ist natürlich nicht allein. Er hat eine ganze Familie von ähnlichen, leicht abgewandelten Phrasen, die ebenfalls ein bemerkenswertes Eigenleben in unserer Bürokommunikation führen:

  • „Für weitere Auskünfte stehen wir Ihnen jederzeit zur Verfügung.“ (Die leicht gehobene Variante, klingt ein bisschen so, als hätten wir einen Butler, der die Fragen entgegennimmt.)
  • „Zögern Sie nicht, uns bei Fragen zu kontaktieren.“ (Die etwas forschere, fast schon herausfordernde Version: „Trauen Sie sich ruhig!“)
  • „Sollten Sie noch etwas benötigen, melden Sie sich einfach.“ (Die lässige Variante, klingt, als würden wir gerade nebenbei unsere Steuererklärung machen.)
  • „Ich hoffe, diese Informationen sind hilfreich.“ (Oft gefolgt vom oben genannten „Bei Rückfragen…“, als ob man selbst nicht so ganz sicher wäre, ob die Informationen wirklich hilfreich waren.)

Die unausgesprochene Wahrheit:

Die eigentliche, unausgesprochene Wahrheit hinter all diesen Floskeln ist oft: „Bitte lies die verdammte E-Mail gründlich durch, bevor du fragst, denn die Antwort steht wahrscheinlich schon da.“ Oder: „Ich habe das jetzt so gut wie möglich erklärt, bitte quäl mich nicht mit unnötigen Details.“

Die Evolution des Satzes:

Man könnte fast eine soziolinguistische Studie über die Entwicklung des „Bei Rückfragen…“ verfassen. Hat es sich im Laufe der Zeit verändert? Gibt es regionale Unterschiede? Wird es in Start-ups anders formuliert als in alteingesessenen Konzernen? (Wahrscheinlich lautet die hippe Start-up-Version: „Yo, falls noch was unklar ist, einfach durchklingeln!“)

Das Fazit (äh, die Erkenntnis):

Der Satz „Bei Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung“ ist mehr als nur eine Floskel. Er ist ein Fenster in die manchmal absurde, oft humorvolle Welt der Bürokommunikation. Er ist ein stiller Schrei nach Klarheit, nach Effizienz und manchmal auch nach ein bisschen mehr Ruhe im digitalen Posteingang. Beim nächsten Mal, wenn Sie ihn tippen, halten Sie einen Moment inne und denken Sie daran: Sie sind nicht allein. Millionen von Bürohelden und -heldinnen haben diesen Satz schon unzählige Male in die Welt geschickt. Und wahrscheinlich werden wir es auch noch unzählige Male tun – bis die E-Mail eines Tages von einer direkteren, vielleicht sogar ehrlichen Form der Kommunikation abgelöst wird. (Aber bis dahin: Bei Rückfragen stehe ich Ihnen… nun ja, Sie wissen schon.)

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