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Sommerfrische pur: Als Kärnten noch das größte Abenteuer war

Stellen Sie sich vor: Das Jahr ist 1965. Die Schulferien haben gerade begonnen, und statt eines Pauschalurlaubs auf den Malediven geht es mit dem VW Käfer oder der Bahn Richtung Süden. Das Ziel? Kärnten. Ein Wort, das damals gleichbedeutend war mit: Sommer. Wandern. Berge. Wälder. Es war eine Zeit, in der Urlaub noch „richtiger Urlaub“ war – analog, entschleunigt und voller Entdeckungen, die nicht auf einem Bildschirm stattfanden.

Ankommen in einer anderen Zeit

Die Anreise war oft schon Teil des Abenteuers. Keine Autobahnen bis zur Haustür, sondern kurvenreiche Landstraßen, die durch malerische Dörfer führten. Das Ziel war selten ein großes Hotelbunker, sondern eine gemütliche Pension, ein Bauernhof mit Fremdenzimmern oder eine einfache Berghütte. Die Luft, die einem beim Aussteigen entgegenwehte, war klar und roch nach Heu und Nadelbäumen. Der Lärm der Stadt war sofort vergessen.

Was fehlte? All das, was uns heute selbstverständlich scheint: Keine Animation, die den Tagesplan diktierte. Kein Smartphone, das die Aufmerksamkeit einforderte und von der Umgebung ablenkte. Keine Flachbildschirme, die das Abendprogramm bestimmten. Stattdessen gab es die schlichte, aber unendliche Leinwand der Natur.

Der Tag: Ein Abenteuer aus eigener Kraft

Der Tagesablauf war ungezwungen und von den Elementen bestimmt. Nach einem deftigen Frühstück mit frischem Brot, selbstgemachter Marmelade und Milch direkt vom Bauernhof, begann der Tag.

Wandern war nicht nur eine Option, sondern die Hauptbeschäftigung. Mit festem Schuhwerk, Rucksack, Jause und einer Wanderkarte in der Hand ging es los. Die Wege waren oft weniger ausgeschildert als heute, das Ziel vielleicht ein Berggasthof mit zopfigen Kellnerinnen, ein glasklarer Bergsee oder ein Aussichtspunkt, von dem aus man das ganze Tal überblicken konnte. Jeder Meter war eine Leistung, jede überwundene Höhe ein kleiner Triumph. Die Gespräche flossen frei, der Blick schweifte über die Landschaft, und das einzige Geräusch war das eigene Herzklopfen oder das Zwitschern der Vögel.

Die Berge waren majestätisch und forderten Respekt. Man lernte, das Wetter zu lesen, die eigenen Grenzen einzuschätzen und die Stille der Natur zu schätzen. In den Wäldern roch es nach Pilzen und feuchter Erde. Man entdeckte versteckte Bäche, uralte Bäume und lauschte dem Wind in den Wipfeln. Es war eine Zeit, in der Kinder noch Baumhäuser bauten, ohne Angst vor fehlender „digitaler Anbindung“, und abends mit roten Wangen und unendlich vielen Geschichten zurückkamen.

Der Abend: Gemeinschaft und echtes Erleben

Nach einem Tag an der frischen Luft kehrte man hungrig und müde, aber zutiefst erfüllt, zurück. Das Abendessen war oft einfach, aber nahrhaft und köstlich: Kärntner Kasnudeln, deftige Suppen oder eine frisch geangelte Forelle. Der Fokus lag auf der Gemeinschaft.

Man saß zusammen. Es wurde geredet, gelacht, Karten gespielt. Die Erwachsenen erzählten Geschichten, die Kinder lauschten oder spielten Fangen im Garten. Man las ein Buch, schrieb Postkarten an die Daheimgebliebenen oder plante den nächsten Tagesausflug. Das Licht der Gaslampen oder der einfachen Glühbirnen schuf eine warme, intime Atmosphäre. Die Sterne am Kärntner Himmel waren deutlicher zu sehen, ungetrübt von Lichtverschmutzung und Smartphone-Glimmen.

Die nachhaltige Wirkung eines analogen Urlaubs

Dieser Urlaub der 1960er Jahre in Kärnten war keine Flucht vor etwas, sondern eine Hinwendung zu etwas: zur Natur, zur Einfachheit, zur echten Begegnung. Man lernte, die Langeweile als Chance zu begreifen, die eigenen Gedanken zu hören und die kleinen Dinge des Lebens zu schätzen. Es war ein Urlaub, der nicht durch inszenierte Erlebnisse, sondern durch selbst geschaffene Erinnerungen lebte.

Auch wenn die Technologie uns heute unzählige Möglichkeiten bietet, bleibt die Sehnsucht nach dieser Art von „richtigem Urlaub“ – dem Sommer, dem Wandern, den Bergen und Wäldern – in vielen von uns lebendig. Kärnten, auch heute noch eine Perle der Natur, kann uns immer noch einen Hauch dieser besonderen Zeit schenken. Man muss nur bereit sein, das Smartphone wegzulegen und sich auf das Abenteuer der Einfachheit einzulassen.

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